1911 an der Bahnhofstrasse
Auf einer Ferienreise, die Franz Kafka und Max Brod in die Schweiz, nach Italien und Paris führte, verbrachten die beiden Schriftsteller aus Prag auch einige Stunden in Zürich. An einem Sonntagmorgen trafen sie im Hauptbahnhof ein, kauften sich einen Stadtplan und spazierten durch die Bahnhofstrasse an der neuen Sternwarte vorbei zum See, wo sie eine Badeanstalt besuchten, die es nicht mehr gibt. „Die jungen Leute im Bad sprechen eine fremde und wunderbare Sprache: das Schweizer-Deutsch“, notiert Max Brod, der wie sein Freund ein Reisetagebuch führt. Die Stadt scheint schön und elegant, die Banken residieren in Prachtbauten und die alten Häuser sind renoviert: „Kann es in dieser reinen Stadt Bordelle geben?“ fragen sich die Städtereisenden an jenem 27. August 1911.
Ein Spaziergang mit Stefan Ineichen auf den Spuren des Zürcher Aufenthalts von Kafka und Brod – vom Hauptbahnhof an den See und weiter zum «Alkoholfreien Restaurant zu Karl dem Grossen», wo die beiden Erbsensuppe mit Sago, Bohnen, Röstkartoffeln und Zitronencreme genossen, bevor sie Zürich in Richtung Luzern wieder verliessen.